Essaouira
Essaouira gehört zu den bevölkerungsreichsten Städten in Marokko. Denn neben den rund 70.000 Einwohnern und den Touristenscharen, die sich durch die eng mit Souvenirboutiquen bestückten Gassen winden, gehört am Boden ein riesiges Volk von Katzen zu den Einwohnern, mehr als man je anderswo findet, und in der Luft schwirren die Möwen um die Köpfe. So muss man auch sein Frühstück auf den wunderschönen Dachterrassen mit den Weißkopf-Möwen teilen, obwohl es kaum verständlich ist, warum sie sich um ein trockenes Stück Brot streiten, wenn es am Hafen so herrlichen Fisch gibt, und vom Diner muss man den Katzen abgeben, die um die Beine herum streichen.
Auch wenn die Stadt am Atlantik keine prächtigen Palastanlagen vorzuweisen hat, braucht sie den Vergleich mit ihren königlichen Schwesterstädten nicht zu scheuen: Wie eine Fata Morgana thront Essaouira auf einem lang gestreckten Felsen am Meer - ein Gebilde aus Sonne und Licht - zwischen Himmel und Wasser - in dem die weiß gekalkten Häuser schattenlos mit dem Dunst der Atlantikbrandung verschmelzen, umschlossen von einem hohen Dünengürtel. Von einzigartiger architektonischer Schönheit ist insbesondere die von Burgmauern, Zinnen und Kanonen umgebene Altstadt mit ihren gemütlichen Restaurants, quirligen Gassen und idyllischen Plätzen. Kein typisch marokkanisches Gassengewirr erwartet den Besucher, vielmehr durchschneiden nahezu europäisch anmutende breite Straßen die Medina und teilen sie in die Viertel der verschiedenen Handwerkerberufe auf. Vor der Altstadt breitet sich entlang des herrlichen Sandstrandes die Neustadt aus.
Das beliebte Seebad mit 69.500 Einwohnern hat ganzjährig ein mildes Klima. Wenn es im Januar in Marrakech eisig kalt ist, sind es in Essaouira meist um die 5 Grad wärmer. Der zuweilen starke Wind beeinträchtigt den Aufenthalt zwar etwas, macht die Küste aber zu einem Paradies für Surfer. In den Wintermonaten gibt es an der marokkanischen Atlantikküste sehr hohe Wellen. Allerdings ist dieser Sport wegen der felsigen Ufer nur Könnern zu empfehlen.
Stadtbummel in Essaouira
Zentrum der Altstadt mit vielen Restaurants und Hotels ist der Platz Moulay el-Hassan. Von dort geht links die kleine Gasse Rue Skala entlang der Mauer zur Skala de la Kasbah, einer kanonenbestückten Plattform auf der Festungsmauer. Von der Nordbastion am Ende hat man einen schönen Blick über die Stadt und das Meer, das in rauer Brandung an die Klippen schlägt. Unter der Skala liegen die Werkstätten der Kunsttischler, für die Essaouira berühmt ist. Aus Thujaholz fertigen sie geschnitzte Holzmöbel mit Einlegearbeiten aus Zitronen- und Ebenholz, Perlmutt und Silber. Nicht selten sieht man hier Maler bei der Arbeit, die ihre Werke anschließend zum Verkauf anbieten.
Vom Platz Moulay Hassan aus geradeaus beginnt die Av. Allal Ben Abdallah, eine Hauptachse der Medina. Die imposanteste Straße der Altstadt, die Avenue de l'Istiqlal, verläuft parallel dazu, sie ist anders als übliche Altstadtstraßen in Marokko breit und offen und in regelmäßigen Abständen von dreibogigen Toren unterteilt. Die Straße ändert ihren Namen mehrmals und endet am Bab Doukkala, in dessen Nähe der Busbahnhof liegt. Durch diese übersichtliche Straße ist die Orientierung in der kleinen Medina recht einfach. An einem der dreibogigen Tore geht nach Nordosten die Avenue Mohammed el Qouri ab, die geradewegs zum Bab Marrakech führt. Vor dem Tor, noch in der Medina, ist rechts das Ensemble Artisanal in einem großen Funduk untergebracht, schon allein das Gebäude ist sehenswert. In einem kleinen Hinterhof wächst ein Feigenbaum, der bereits aus dem 18. Jh. sein soll. In den auf zwei Etagen verteilten Werkstätten kann man den Handwerkern bei der Arbeit zusehen, hier werden junge Leute ausgebildet. Die Erzeugnisse können hier auch zu Festpreisen gekauft werden.
Im Museum Sidi Mohammed ben Abdallah (geöffnet von 8.30 Uhr bis 12.00 Uhr und von 14.30 bis 18.00 Uhr, Tel. 0524 - 47 53 00, Eintritt 10 DH, Kinder 3 DH) in der Rue Laalouj (mittlerer Teil der breiten Medinastraße) kann man die schönsten Erzeugnisse der Handwerkskunst von Essaouira bewundern. Im Erdgeschoss sind die Musikinstrumente und rituellen Gegenstände der verschiedenen Brüderschaften, der Aissaoua, der Hamadcha und der Gnaouas ausgestellt. Auch die Musikinstrumente der Berbermusik, der andalusischen Musik und des Malhoun sind hier zu sehen. Im ersten Stock sind Thujaarbeiten, Töpferei-Erzeugnisse der Haha-Region, Teppiche der Chiadma-Frauen, kunstvoll bemalte Türen und Paneele, Kleidung, Schmuck und Waffen zu bewundern; ebenso eine Gemäldeausstellung.
Unweit des Hafens vor der Stadtmauer liegt die kleine Parkanlage Orson Welles. Orson Welles filmte Anfang der 1950er große Teile seines Films Othello in Essaouira, der aber kein großer Erfolg wurde. 40 Jahre später grub seine Tochter den Film wieder aus und zeigte eine restaurierte Fassung auf Festivals rund um die Welt, nun mit größerem Erfolg, und auch in Essaouira wurde der Film im Beisein des damaligen Kronprinzen Mohammed gezeigt. Die Stadt benannte dann diesen Platz nach ihm.
Lohnenswert ist der Besuch des Fischereihafens mit seinen Befestigungsanlagen aus dem 18. Jh. Frühmorgens findet die Versteigerung der Fänge statt. Vor dem Hafen ist ein großer Parkplatz, dort beginnt eine lange Reihe kleiner Restaurant-Hüttchen, die jeweils ihr Angebot an fangfrischen Meerestieren auf großen Brettern präsentieren. Es gibt eine Übersichtstafel mit den offiziellen Preisen, die allerdings nicht sehr günstig sind. Wer trotzdem in Essaouira halbwegs günstig essen möchte, der sollte in oder am Eingang der dort befindlichen Fischverkaufshalle frischen Fisch kaufen und ihn dann am ersten Stand grillen lassen. Der erste Stand grillt nur zum Preis von 10 DH und verkauft keinen Fisch. Wer so verfährt bezahlt weniger als die Hälfte!
Direkt nach den Buden ist das dreibogige, mit Kanonen bestückte Tor El Menzeh, hinter dem die breite Hauptachse der Medina beginnt. Auf den Hafenbefestigungen sind noch die Kanonen zu sehen, die Besteigung kostet 10 DH, Kinder 3 DH. Geöffnet von 9 - 17.30 Uhr. Der eigentliche Hafen ist außerhalb der Mauern und dort sind auch die berühmten Restaurants Le Coquillage und Chez Sam, in denen man gepflegter als in den Hüttchen seinen Fisch verzehren kann.