Reiseinformationen Marokko - Mauretanien - Tunesien

Karthago

bedeutende punische Ausgrabungsstätte

Bei der Gründungsgeschichte sind Sage und Wahrheit eng verwoben. Schon um 1214 v. Chr. soll es an dieser Stelle eine Siedlung der sidonischen Phönizier gegeben haben. Vierhundert Jahre später flieht die Königstochter Elyssa aus Tyros im heutigen Libanon mit einigen Getreuen vor ihrem Bruder Pygmalion, nachdem dieser ihren Gatten Sychäus ermordet hatte, um sich seiner Schätze und des Thrones zu bemächtigen. Auf Zypern schließt sich der punische Oberpriester der Göttin Astarte der kleinen Gruppe an, die noch durch geraubte, zypriotische Jungfrauen verstärkt wird. Sie erreichen um 814 v. Chr. die strategisch günstig gelegene tunesische Küste und erhandeln von dem Berberfürsten Hiarbas aus Tunes ein Stück Land zur Ansiedlung von der Größe, die eine Kuhhaut umspannt. Die listige Elyssa, die später von den Römern Dido genannt wird, schneidet das Leder in hauchfeine Streifen und steckt damit die Grenzen für ihre Neugründung Karth Hadasht, von den Römern später Karthago genannt (d.h. Neue Stadt) ab.

Die Punier, wie man die ehemaligen Phönizier nannte, kamen, von einer Frau geführt, durch moderne Methoden, mit Handel und Seefahrt, zu Gut und Geld. und erregten dadurch den Neid der Ureinwohner. Hiarbas, der Fürst der Gaetuler, schickte der erfolgreichen Nebenbuhlerin eine Botschaft mit einen Heiratsantrag und droht bei einer Verweigerung mit Krieg. Dido will jedoch dem toten Gatten die Treue halten und stürzt sich in den Flammentod, um ihr Volk zu retten. Erschüttert versprach Hiarbas, Didos Untertanen zu schonen.
Die im Seehandel erfahrenen Punier beherrschen bald den westlichen Mittelmeerraum bis nach Malta, Sizilien und Spanien, kommen aber dadurch in Konflikt mit den Griechen und Römern. 146 v. Chr. erobern die Römer im 3. Punischen Krieg die Stadt und machen sie dem Erdboden gleich.
Der Römer Augustus erbaut 29. v. Chr. ein neues Karthago auf den alten Grundmauern. Thermen, Theater und Wohnhäuser entstehen, eine römische Blütezeit beginnt. Kaum 100 Jahre später zählte es wieder 300.000 Einwohner und war nach Rom und Antiochia die drittgrößte Stadt des römischen Imperiums. Im 3. Jh. verwandelte sie sich in ein Zentrum des frühen Christentums, in dem bedeutende Lehrer, darunter Augustinus, wirkten und das erste Konzil stattfand. 24 Kirchen soll es damals gegeben haben. Dies endet jäh im Jahr 439, als der Vandale Geiserich mit Gräueltaten, Raub und Plünderungen einfällt, 100 Jahre lang herrschen die Vandalen von hier aus über ihr nordafrikanisches Reich. Ebenfalls ein Jahrhundert bleiben die Byzantiner, bis die Araber 696 die von Hungersnöten und Pest geschwächte Stadt stürmen und zerstören. Im Mittelalter wurde dieses Werk fortgesetzt, indem Säulen und Marmorsteine zum Bau von Häusern und Moscheen verwendet wurden. Dem Reisenden bieten sich heute nur noch wenige Überreste, die einzig durch ihre Ausdehnung die einstige Größe ermessen lassen.
Antike Quellen berichten, dass die ganze punische Stadt von einer starken Mauer umgeben war, die eine Länge von 38 Kilometern aufwies und an dem Damm, der entlang dem Bahira-See zum Festland führt, 13 Meter hoch und 10 Meter dick war. Reste sind nicht erhalten. Der Byrsa-Hügel mit seiner Festung war von einer weiteren Mauer umgeben. Das phönizische Wort Byrsa bedeutet Festung, im Griechischen bezeichnet es jedoch ein abgezogenes Tierfell, was einen Bezug zu der Gründungssage herstellt. Das Gebiet zwischen den punischen Häfen und der Byrsa war der älteste Teil der Stadt, als erstes wurde vermutlich das Heiligtum zu Ehren der Götter Baal und Tanit angelegt.

Tophet oder Sanctuaire Punique
Der erst im Jahr 1922 entdeckte Tophet ist die bedeutendste punische Ausgrabungsstelle und zugleich die schrecklichste. Denn in diesem heute so friedlichen Garten unweit des Hotels Résidence Carthage wurden einst in Krisenzeiten den wichtigsten punischen Schutzgöttern Baal Hammon und Tanit Tausende erstgeborene Söhne adliger Familien zum Opfer gebracht. Unter den Augen der Eltern wurden die Säuglinge vom Priester auf die ausgestreckten Arme einer Statue des Gottes Baal gelegt, dann rollten sie in die Flammen eines großen Feuers. Man glaubte, dass die Götter eine ständige Blutzufuhr benötigten, um ihre Schutztätigkeit ausüben zu können. Beeinflusst von der griechischen Kultur gingen viele Familien dazu über, Sklavenkinder als Opfer unterzuschieben. Als Agathokles vor den Toren der Stadt auftauchte, sahen viele darin einen Grund für die Katastrophe, und eilig wurden 500 adlige Knaben den Göttern geopfert.
Die Asche wurde in Urnen gesammelt und unter Stelen vergraben. Wenn die ganze Fläche ausgefüllt war, wurde eine neue Schicht Erde aufgeschüttet, so dass der Tophet heute verschiedene Schichten von Erde, Urnen und Grabsteinen aufweist. Ein unterirdischer Raum gibt das damalige Szenario wohl am besten wieder. Die Stelen sind mit Inschriften und Zeichnungen versehen, sehr häufig ist der liegende Halbmond als Zeichen der Göttin Tanit. Etwas besser erhaltene Stücke sind in einer verschlossenen Hütte, fragen Sie den Wächter. Die schönsten Exemplare befinden sich im Bardo-Museum.
In der ältesten und tiefsten Schicht des Tophet hat man eine kleine Totenkapelle mit einer Urne gefunden. Auf einem Pfeiler ein Relief: eine auf einem Hügel oder Scheiterhaufen kniende und betende Frau. Möglicherweise war dies ein Denkmal der legendären Dido sollte an das Ritual des Opfertodes erinnern? Der Fund, die sogenannte Cintaskapelle, ist heute im Bardo-Museum zu sehen.
Vom Tophet sind es nur wenige Schritte zu den Punischen Häfen.

Punische Häfen
Die Phönizier waren große Seefahrer und darin den Römern überlegen. Ihre Macht und ihr Reichtum beruhten auf der Seefahrt, die Häfen waren somit lebenswichtig. Die Anlage - Kothon genannt - bestand aus zwei miteinander verbundenen Becken, deren einzige Ausfahrt zum Golf von Tunis mit Ketten versperrt werden konnte. Außen lag der rechteckige Handelshafen, von ihm führte ein Kanal zu dem kreisrunden, von einer doppelten Mauer umgebenen, inneren Kriegshafen mit einer Insel in der Mitte, auf der das Gebäude der Admiralität sowie Schiffswerften standen.
Heute sind keine Bauwerke mehr erhalten, die Ufer versumpft, die Umrisse unregelmäßig. Aber in einem kleinen Museum ist eine Rekonstruktion im Modell, die einen guten Eindruck von der Raffiniertheit und dem hohen Grad der punischen Technik gibt. Ein zweites Modell stellt die wesentlich weniger ausgefeilte Anlage zur Zeit der Römer dar. Ein Rundgang auf der grasbewachsenen ehemaligen Insel, zu der heute ein Landweg führt, zeigt lediglich ein punisches Trockendock. Die Wärter sind sehr aufdringlich und verlangen für völlig nichtssagende Erklärungen viel Geld, bieten außerdem angeblich echte römische Münzen und Öllämpchen überteuert an.
Am alten Handelshafen ist das Ozeanografische Museum. Ein Besuch ist nicht sehr interessant, u. a. sind Schiffsmodelle ausgestellt. Täglich außer Mo 10.30-12 und 15.30-17.30 Uhr, 1 TND.
Der Weg am Hafen entlang führt wieder zurück auf die Hauptstraße. Dort folgt links das

Musée Palochretien
Dieses kleine Museum gibt einen guten Einblick in die Arbeit der Archäologen und zeigt einige Fundstücke aus der christlichen Zeit. Etwas weiter ist rechts direkt am Meer das Quartier Magon. Die Ausgrabungen wurden von deutschen Archäologen ausgeführt, zutage kamen römische Handwerkerstraßen und Wohnviertel mit Teilen der römischen Stadtbegrenzung auf punischen Grundmauern.
Wieder zurück auf der Hauptstraße kommt man zu einer Kreuzung mit Tankstelle, dort geht es rechts zu den Thermen des Antonius, links zum Museum und zum Hotel Villa Didon.

Byrsa-Hügel
Der Byrsa-Hügel war einst Zentrum des punischen wie des römischen Karthago. Von hier aus lässt sich die weite Ebene vom Meer bis zu den Bergen von Zaghouan überblicken. In punischer Zeit gab es dort eine Festung und den reich ausgeschmückten Tempel des Eschmun, zu dem 60 Stufen hinaufführten. Dieser Hügel war von einer eigenen Mauer umgeben, in dessen Inneres sich die Bewohner bei Angriffen flüchten konnten.
Weithin sichtbar ist die Kathedrale St. Louis, 1890 als größte christliche Kirche Afrikas geweiht, aber heute nicht mehr als Gotteshaus genutzt. Das Gebäude war 1992 wegen Renovierung geschlossen. Ihren Namen erhielt sie zu Ehren des heiligen Ludwigs IX. von Frankreich, der als Kreuzfahrer nach Tunis kam und 1271 in Karthago an den Folgen der Pest starb. Angegliedert sind die ehemaligen Klöster der Weißen Schwestern und der Weißen Väter, die sich stark für die Ausgrabung der antiken Stätte eingesetzt haben. Auf dem Hügel verstreut einige Reste römischer Villen auf punischen Grundmauern. Leider wurde dieser wichtigste Stadtteil nahezu restlos vernichtet.

Museum von Karthago
Das in einem Teil des Klosters untergebrachte Museum enthält schöne Mosaiken, Marmorsärge, punische Grabplatten und Stelen mit dem charakteristischen Halbmond.
Nordwestlich der Kathedrale an der Straße nach Tunis liegen die Überreste des Amphitheaters, von dem nur die Arena erhalten blieb. Es ist kaum noch vorstellbar, dass ähnlich wie in El Djem 50.000 Zuschauer auf fünf Rängen Platz hatten. Im Zentrum kann man Teile der Gänge sehen, durch die die wilden Tiere in die Arena kamen, um die Christen zu zerfleischen. Nicht weit davon auf der anderen Straßenseite liegen bei der kleinen Ortschaft La Malga die römischen Zisternen. Die Grundmauern stammen wahrscheinlich noch von den Puniern. Die einst 24 parallelen Gewölbe, die das von den Bergen Zaghouans über den Aquädukt geleitete Wasser sammelten, wurden eine Zeitlang zu Wohnzwecken genutzt. Über Treppen konnte man zum Wasser schöpfen hinuntergelangen.

Thermen des Antonius
Zum Meer hin liegt das beeindruckendste Bauwerk, der in seinen Ausmaßen gewaltige, zwischen 145 und 162 erbaute Thermenkomplex, heute ist nur noch das Untergeschoss erhalten. Mit über 17.000 m2 Fläche waren sie die größte Thermenanlage außerhalb Roms. Allein der Hauptraum, das Frigidarium oder Kaltbad der Badeanlage, maß 22 x 47 m und wurde von marmornen, 20 m hohen Säulen flankiert, die das Gewölbe trugen. Eine davon sieht man noch auf dem Vorplatz. Mit dieser kühnen Architektur hatten sich die Baumeister aber wohl etwas übernommen, denn bereits zwischen 389 und 425 stürzte das Frigidarium ein. Endgültig zerstört wurde die Badeanlage im 11. Jh. durch den Einfall der Beni-Hilal-Nomaden, die plündernd und mordend durch das Land zogen. Gern eiferte man zu jener Zeit dem Vorbild Roms nach, so entsprechen die Antonius-Thermen denen des Trajan und des Caracalla in Rom.
Einzig ist jedoch die herrliche Lage direkt am Meer, die auch die Anlage einer Sonnenterrasse mit Meerwasserschwimmbecken erlaubte. Das Gebäude war der Länge nach von einer Achse geteilt, auf der die verschiedenen Anwendungssäle lagen. Vom Umkleideraum ging es zunächst ins Gymnasium, dem antiken Vorläufer unserer Fitness-Center, dann zum offenen Turnhof, der Palästra. Es folgten warme bis heiße Schwimmhallen, in der Mitte lag das prachtvoll ausgestattete, kuppelüberkrönte Frigidarium. Von dort führte eine Treppe zum Meeresbecken. Angrenzend an die Thermen waren die der Versorgung dienenden Zisternen und eine Gemeinschaftstoilette.